Mit dem fünften Meistertitel in Serie hat Rollstuhlbasketball-Bundesligist RSV Lahn-Dill am Samstag erneut Geschichte geschrieben, denn noch nie ist dieses Kunststück zuvor einem Team gelungen. 1.350 Besucher in der Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle bildeten dabei zusammen mit Wetzlars Oberbürgermeister Wolfram Dette und Reck-Weltmeister Fabian Hambüchen einen prächtigen Rahmen für das zweite und entscheidende Playoff-Finale gegen den RSC-Rollis Zwickau. Dass der nun sechsfache deutsche Meister aus Mittelhessen dabei nicht auf den 17-Punkte-Vorsprung aus dem Hinspiel angewiesen war, unterstreicht der hohe 83:44 (14:8/34:24/61:37)-Kantersieg gegen einen allerdings ersatzgeschwächten Gegner aus Sachsen.
Mit ihrer Anfangsformation, in der mit den Tschechen Rostislav Pohlmann und Marek Srutka, dem Polen Marcin Balcerowski und dem Österreicher Mehmet Hayirli weiterhin vier gestandene Nationalspieler standen, gerieten die Sachsen so bereits nach vier Spielminuten mit 4:10 in einen frühen Rückstand. Von diesem erholte sich die Mannschaft von RSC-Trainer Maik Kretzschmar allerdings ebenso schnell wieder und blieb dem RSV Lahn-Dill in der Folge über 14:6 (9.) und 22:17 (14.) bis zum 26:24 (17.) kurz vor dem Seitenwechsel, zum deutlichen Unmut von RSV-Headcoach Nicolai Zeltinger, dicht auf den Fersen. Fast wirkte es in dieser Phase so, als ob der Gastgeber im Angesicht seines eigenen Anspruches der großen Kulisse auch etwas Besonderes bieten zu wollen, eher verkrampfte und keinesfalls befreit aufspielte. Erst ein Schlussspurt in den letzten drei Minuten vor der Halbzeitsirene sicherte dem Gastgeber einen ersten etwas komfortableren Vorsprung.
Vielleicht animiert von der beeindruckenden Pausenshow am Reck des deutschen Sportlers des Jahres und amtierenden Weltmeisters, Fabian Hambüchen, kam die Mannschaft um Kapitän Joey Johnson dann jedoch völlig anders aus der Kabine zurück. Nun zündete der Titelverteidiger im dritten Viertel seinen Turbo und zog unter dem Jubel, der bereits seit Spielbeginn in bester Party-Laune feiernden Fans, durch neun Punkte in Serie des Kanadiers Johson schnell bis auf 49:26 (24.) davon. Trainer Zeltinger durfte in dieser Phase dabei miterleben, wie seine Mannschaft die Worte von OB Dette im Hinblick auf den RSV und Fabian Hambüchen nun eindrucksvoll untermauerte, als dieser vor dem Spiel und vor laufenden Kameras von RTL Hessen, dem Hessischen Rundfunk und Stern TV die große Kulisse mit den Worten begrüßte: „Sie haben heute die einmalige Gelegenheit die beiden auch international erfolgreichsten Aushängeschilder der Stadt Wetzlar auf einmal zu erleben“.
Diese Vorschusslorbeeren nahm sich der nun wie entfesselt aufspielende Gastgeber auch im weiteren Verlauf der inzwischen einseitigen Partie zu Herzen und begeisterte mit Spielwitz und sehenswerten Einzelleistungen, während die Sachsen nun auch der physischen Dominanz der Wetzlarer nur noch wenig entgegen zu setzen hatten. Unter dem Strich 22 Assists, davon alleine 13 durch US-Pointguard Michael Paye, zeugen von der starken Vorstellung in Halbzeit zwei. „Ich hatte in Pause von der Mannschaft gefordert, dass sie insbesondere in der Defensive noch eine Schippe drauflegen muss und das ist ihr dann auch toll gelungen, ein klares Signal auch in Richtung Champions Cup für uns“, so Nicolai Zeltinger nach der Partie zufrieden. Nach dem 56:36 (28.) spielte so nur noch ein Team, während die Zwickauer nun dem Ausfall von Kapitän Piotr Luszynski und Mateusz Filipski und den dadurch bedingten widrigen Umständen Tribut zollen mussten. Ein Dreier von Paralympicsieger Johnson zum 68:38 (34.) oder das 79:41 (38.) durch Nationalspielerin Annika Zeyen sorgten beim RSV zudem für den weiteren Frustabbau durch die bittere weil so knappen Pokalniederlage vor zwei Wochen gegen den gleichen Gegner. „Niederlagen sind für diese Mannschaft die beste Motivation“, so Nicolai Zeltinger kurz und bündig zur überzeugenden und mit viel Beifall von den Rängen bedachten Vorstellung seines Teams in Durchgang zwei.
Als dann in der emotionsgeladenen Siegerehrung Kapitän Joey Johnson zum fünften Mal in Folge den Meisterpokal aus Händen des DRS-Vertreters Peter Röder (Kelkheim) entgegennahm, hatte der RSV Lahn-Dill etwas Einmaliges geschafft, nämlich über fünf Jahre den Platz an der Spitze zu verteidigen. Mit nur einer einzigen Saisonniederlage im Meisterschaftsrennen haben die Wetzlarer zudem bewiesen, dass sie nicht nur in den Playoffs, sondern auch im gesamten Verlauf der Saison 2007/2008 erneut das erfolgreichste Team stellten.
Für den nun sechsfachen deutschen Meister, der sich im Anschluss bei der großen Meisterfeier im Tasch´s Wirthaus die typische Siegerzigarre schmecken ließ, folgt nun noch Anfang Mai die Endrunde im europäischen Champions Cup im spanischen Madrid, während die Zwickauer die deutschen Farben bereits am kommenden Wochenende in der Finalrunde des André-Vergauwen-Cups in der französischen Hauptstadt Paris vertreten werden.
Lahn-Dill: Joey Johnson (24/1), Dirk Köhler-Lenz (17), Nicolas Hausammann (12), Michael Paye (12), Annika Zeyen (8), Marco Zwerger (4), Kai Gerlach (2), Thomas Gundert (2), Markus Legath (2), Jan Kampmann, Gesche Schünemann.
Zwickau: Rostislav Pohlmann (15), Marcin Balcerowski (9), Mehmet Hayirli (8), Rainer Müller (4), Marek Srutka (4), Eric Zinke (4), Frank Oehme, Matthias Heimbach (n.e.), Arian Krug (n.e.).