Nach 63:54-Erfolg über Favorit Perth Wheelcats nun die Nummer eins in der Welt
Es war 15:47 Uhr Ortszeit Kitakyushu als Rollstuhlbasketball-Bundesligist RSV Lahn-Dill am Ziel seiner Träume war. Mit einem verdienten 63:54-Erfolg über die Perth Wheelcats haben die Rollis aus Wetzlar den Basketball-Olymp erklommen und sind nach einem hart umkämpften Endspiel gegen die Australier zum ersten Mal in der Vereinsgeschichte Weltpokalsieger geworden. Die Nummer eins der Welt kommt damit erstmals aus der vermeintlichen mittelhessischen Provinz, die sich durch einen eindrucksvollen Auftritt im fernen Japan inzwischen nicht nur in Europa einen klangvollen Namen gemacht hat. Zuvor bezwang die Mannschaft von Kapitän Joey Johnson im letzten Vorrundenspiel den japanischen Meister sicher mit 77:53.
Miyagi Max – RSV Lahn-Dill 53:77 (11:24/22:44/40:57)
Im letzten Gruppenspiel bezwang der RSV den Lokalmatador Miyagi Max sicher, nachdem zu Beginn ein Blitzstart das 9:0 (2.) den Grundstein legte. Zwar konterte der dreifache Landesmeister, in dessen Team mit sieben Spielern mehr als die halbe japanische Nationalmannschaft steht, ebenso schnell zum 11:7 (5.) Anschluss, doch zur Pause waren die Kräfteverhältnisse wieder zurecht gerückt. Lediglich Japans Starspieler Reo Fujimoto konnte im gesamten Spielverlauf nicht wirklich nachhaltig in seinem Bewegungsraum eingeschränkt werden. 32 Punkte, davon neun jenseits der Dreierlinie, belegen die Extraklasse des 27-jährigen Centers aus Sendai im Nordosten des Landes.
Miyagi: Reo Fujimoto (32/3 Dreier), Shingo Fujii (6), Masato Nakazawa (6), Ikume Inoue (4), Hironori Takahashi (2), Daisuke Tsuchiko (1), Yosefu Kogo, Masayochi Sato, Satoshi Sato, Kazuyuki Tokairin, Akira Toyoshima, Yashiro Kato (n.e.).
Lahn-Dill: Michael Paye (26/1), Thomas Böhme (16), Steve Serio (13), Joey Johnson (9), Felix Schell (5), Thomas Gundert (4), Dirk Köhler (4), Mina Mojtahedi, Gesche Schünemann, Marco Zwerger.
Finale: Perth Wheelcats – RSV Lahn-Dill 54:63 (7:20/25:33/43:48)
"Es ist eigentlich unfassbar, wenn man bedenkt wie alles vor mehr als zwanzig Jahren angefangen hat und was wir heute hier geschafft haben. Dies ist sicher mehr als nur ein Traum, dafür gibt es eigentlich keine Worte“, schwelgte Trainer Nicolai Zeltinger fast schon philosophisch in der mehr als eindrucksvollen Geschichte des RSV Lahn-Dill. Unterdessen hatte Jörg Fink vom RSV-Management ob des nun in der Vitrine stehenden Weltpokals Tränen in den Augen. Doch bevor der Jubel bei den Deutschen ausbrach, hatten diese ein hartes vierzigminütiges Stück Arbeit zu absolvieren.
Zwar startete das Team konzentriert und setzte die Vorgabe seines Trainers vor allem Weltmeister und Paralympicssieger Justin Eveson aus der eigenen Zone zu halten konsequent und erfolgreich um, doch neutralisieren konnte der RSV den Australier nie ganz. Doch zunächst hatte der 30-jährige Weltklassecenter zur Halbzeit lediglich einen einzigen Feldkorb und diesen von jenseits der 6,25m-Dreierlinie erzielt. Dieser Fakt war dann auch hauptverantwortlich für die eigene 33:25-Halbzeitführung, nachdem man zwar bereits 20:7 (10.) führte, aber die Wheelcats stets gefährlich blieben.
Nach dem Seitenwechsel entwickelte sich dann ein dramatisches Finale, das zu jeder Zeit der Partie hätten kippen können. Im dritten Viertel duellierten sich dabei US-Boy Michael Paye und sein gegenüber Nationalspieler Shaun Norris , die zwischen dem 33:31 (23.) und dem 41:36 (25.) alle Punkte auf dem Parkett der Arena von Kitakyushu selbst erzielten. Bis zum 50:47 (33.) blieb die Partie nun auf des Messers Schneide, als Perth erneut die Chance hatte auf einen Punkt Differenz zu verkürzen. Doch Joey Johnson angelte sich in seiner unnachahmlichen Art und wie immer ohne Rücksicht auf seinen eigenen Körper den Rebound, den dann Steve Serio zum vorentscheidenden 56:47 (35.) im Korb der Australier unterbrachte.
Zu diesem Zeitpunkt handelten sich allerdings auch Kapitän Johnson und eben Neuzugang Serio ihr drittes sowie der beherzt auftrumpfende Youngster Thomas Böhme sein viertes Foul ein. Doch davon ließ sich der routinierte deutsche Meister so kurz vor der Realisierung seines Traumes nicht mehr verunsichern. Bestimmend auftrumpfend beantworteten die Wetzlarer in dieser Phase die erfolgreichen Angriffe des Teams aus Down Under stets mit eigenen und ebenso sehenswerten Korberfolgen. Am Ende war dann der RSV Lahn-Dill trotz der Reisestrapazen und der hohen Intensität aller vier Spiele dieser Woche am Ziel seiner Träume, als Kapitän Joey Johnson den Weltpokal aus den Händen von Japans Verbandspräsidenten Yoshikazu Naguchi entgegennahm.
Perth: Justin Eveson (22/1 Dreier), Shaun Norris (22/1), Robert Pike (6), Nick Radovich (2), Kim Robins (2), Clare Burzynski, Samuel Clark, Michael Hartnett, Kayl Jeffery, Nang Nguyen, Brett Nicholson.
Lahn-Dill: Michael Paye (30), Steve Serio (11), Thomas Böhme (9), Joey Johnson (9), Thomas Gundert (2), Mina Mojtahedi (2), Dirk Köhler, Felix Schell, Gesche Schünemann, Marco Zwerger.