Albacete, Madrid, die Thuringia Bulls und der RSV stehen sich in einem rein spanischen und rein deutschen Halbfinale gegenüber
Am Freitag und Samstag steht der RSV Lahn-Dill erneut im Final Four der europäischen Königsklasse, dem IWBF Champions Cup. Das Ticket ins niederländische Nimwegen sicherte sich der siebenmalige Champion aus Wetzlar durch seine erfolgreichen Auftritte Anfang Februar in Wien und Mitte März in Albacete. In der Arena De Kooi kommt es nun am Freitagabend zu den beiden Halbfinalspielen, einem rein spanischen und einem rein deutschen Duell um den Einzug ins 47. Endspiel um die kontinentale Vereinskrone.
Bereits um 16:00 Uhr stehen sich am Freitag der dreifache Titelträger und spanische Rekordmeister CD Ilunion Madrid sowie Titelverteidiger BSR Amiab Albacete gegenüber, drei Stunden später sind dann Tommy Böhme & Co. gefordert. In der Arena De Kooi wartet der nationale Dauerrivale, die Thuringia Bulls, mit denen sich die Wetzlarer zuletzt drei heiße Duelle um die Meisterschaft in der RBBL geliefert haben. Die Ostdeutschen werden dabei mit dem Selbstbewusstsein die europäische Bühne betreten, die Deutsche Meisterschaft dem RSV Lahn-Dill wieder entrissen zu haben, während die Hessen die sportliche Revance als Motivation in die Waagschale werfen. In der bisherigen Saison standen sich beide Seiten bereits fünfmal gegenüber, zweimal rollte der RSV als Sieger vom Parkett, dreimal die Thüringer. Somit wird am Freitagabend vor wahrscheinlich zahlreich mitreisenden Fans aus Deutschland einmal mehr die Tagesform, die mentale Stabilität und die ein oder andere taktische Finte über Sieg und Niederlage entscheiden. Wie im rein spanischen Duell zuvor, qualifiziert sich der Sieger des Halbfinals für das Endspiel in der europäischen Königsklasse, dass am Samstagabend um 19:30 Uhr ebenfalls in der Arena De Kooi steigt. Bereits um 16:30 Uhr kommt es dort zum Duell um Platz drei im IWBF Champions Cup.
Konkurrenz
Selten war in einem Finalturner ein Favorit so wenig auszumachen, wie in diesem Jahr. Alle vier Teilnehmer stehen sich auf Augenhöhe gegenüber, haben jeder die Chance auf den Titel 2023 und können in ihrer Historie bereits auf den Gewinn der höchsten Krone Europas zurückblicken: Albacete 2022, Thüringen 2018 und 2019, die Madrilenen 1997, 2016 und 2017, der RSV Lahn-Dill von 2004 bis 2006 sowie 2010, 2012, 2015 und 2021. Neun Jahre ist es her, als mit Galatasaray Istanbul zuletzt ein anderes Team in der Königsklasse triumphierte.
CD Ilunion Madrid
Der 16-malige Meister Spaniens, ist weltweit einer der klangvollsten Namen in der Szene und seit Jahren sportlich eng mit dem RSV Lahn-Dill verbunden und befreundet. Beide Klubs gelten europaweit auch sport-politisch als Vorreiter in ihrer Sportart und zogen in der Vergangenheit stets gleichen Strang. Zum eingespielten Kader gehören die beiden britischen Weltmeister Terry Bywater und Gregg Warburton ebenso wie das mit dem Australier Bill Latham, dem Mexikaner Luis Jasso und dem Spanier Amadou Diallo, vielleicht physischste Center-Trio der gesamten Königsklasse. Die Madrilenen haben in den vergangenen acht Jahren sechsmal das Endspiel erreicht und dabei zweimal den Titel in Spaniens Hauptstadt holen können. Vierzehnmal standen sich der RSV und Madrid seit 2004 in der gemeinsamen Geschichte dieses Wettbewerbes gegenüber – 2005, 2015 und 2016 davon im Endspiel der Königsklasse. Siebenmal rollten die Hessen, siebenmal die Spanier als Sieger vom Parkett.
Albacete
Der Titelverteidiger aus dem Südosten der iberischen Halbinsel konnte sich im vergangenen Jahr erstmals die kontinentale Krone aufsetzen, bezwang im gleichlautenden Endspiel von Erfurt den nationalen Widersacher aus Madrid. Nun kommt es in der Arena De Kooi von Nimwegen im Semifinale zur Neuauflage des Endspiel 2022. Die Briten Phil Pratt, Lee Maning oder Harry Brown, die Pole Mateusz Filipski oder der spanische Routinier Alejandro Zarzuela bestücken den namhaften Kader des Titelverteidigers. Wenn es einen Favoriten gibt, dann hat Albacete von der Papierform her und als frisch gekürter spanischer Meister die Nase hauchdünn vorne.
RSB Thuringia Bulls
Geht es um Endspiele, dann sind Duelle mit den Thuringia Bulls für den RSV Lahn-Dill fast schon Standard, egal ob national oder international. Siebenmal trafen die beiden mit Abstand besten deutschen Team auch auf der europäischen Bühne aufeinander. Seit dem Jahr 2015 rollten dabei die Hessen viermal, die Thüringer dreimal als Sieger vom Parkett. 2021 standen sich die Topteams selbst im Champions Cup Endspiel gegenüber, damals triumphierten Thomas Böhme & Co., im vergangenen Jahr war dieses Duell die Partie um Platz drei, mit dem besseren Ende für Aliaksandr Halouski & Co.
Aktuelle Situation
Wie schon in der Gruppenphase und dem Viertelfinale in Wien und Albacete, geht der RSV Lahn-Dill mit der Hypothek ins Rennen, dass Mark Beissert international nicht spielberechtigt ist und Peyman Mizan aufgrund seines Status als Flüchtling das Land nicht verlassen darf. Hinzu kommt die Trennung von Gaz Choudhry Anfang April. Im widrigsten Fall stehen Cheftrainerin Janet Zeltinger und Co-Trainer Günther Mayer, wie zuletzt in der Meisterschaftsfinals, auch in Nimwegen nur ein Rumpfkader von sieben Akteuren zur Verfügung. Noch ist medizinisch nicht klar, ob Weltmeister Simon Brown nach seiner schweren Gehirnerschütterung einsatzfähig sein wird. Doch bereits im Duell mit den Thuringia Bulls in den Playoff-Finalspielen zwei und drei, hat das Team aus der personellen Not eine mentale Tugend gemacht. 67:63 und 65:76 hieß es in zwei hoch dramatischen Duellen mit den Bulls und genau dies dürfen alle Fans auch für die kommende Begegnung am Freitagabend um 19:00 Uhr in der Arena De Kooi erwarten.
Historie
Die europäische Königsklasse, gestartet 1976 als West European Cup, geht in diesem Jahr in ihre 48. Spielzeit. Bisher konnten sich 18 verschiedene Teams in die Siegerlisten eintragen, angefangen vom Premieren-Champion ISA Amsterdam bis zum Titelträger des Vorjahres, dem spanischen Erstligisten BSR Amiab Albacate. Je fünfmal triumphierten der BC Verkerk Zwijendrecht und Galatasaray Istanbul, der Rekordsieger ist mit inzwischen sieben Titeln seit dem Jahr 2015 aber der RSV Lahn-Dill. Die Wetzlarer Rollis zogen erstmals 2004, als damals erstes deutsches Team überhaupt, in ein Finale ein und bestiegen dabei im Endspiel von Madrid den Thron. Insgesamt bestritt der RSV Lahn-Dill bis heute 143 internationale Pflichtspiele gegen Teams aus 18 Nationen und allen Kontinentalverbänden der IWBF. Stolze 108 dieser Partien beendete die Mittelhessen als Sieger, nur 35 gingen verloren, darunter jedoch auch vier Champions League Endspiele.