Jubel bei Topspiel vor prächtiger Kulisse

Thüringen muss in Wetzlar erste Saisonniederlage quittieren
Der RSV Lahn-Dill hat sich am Samstagabend vor prächtiger Heimkulisse eindrucksvoll zurückgemeldet und Favorit RSB Thuringia Bulls die erste Saisonniederlage zugefügt. Vor 1.450 Besuchern in der Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle jubelten am Ende die Mittelhessen über einen knappen aber kämpferisch verdienten 70:68 (16:17/35:28/52:45)-Erfolg gegen den Tabellenführer.
Viele sahen im Gast aus dem Großraum Erfurt, aufgrund dessen bisher beeindruckender Saisonbilanz, den Ligafavoriten schlechthin, der in diesem Jahr von niemanden zu stoppen ist. Titelverteidiger RSV Lahn-Dill bewies am Samstagabend das Gegenteil und verwandelte seine Heimstätte dabei in ein Tollhaus. Die Partie bot alles, was ein echtes Spitzenspiel ausmacht: Tempo, Brisanz, Spannung und Dramatik.
Zu Beginn zeigten sich die Thuringia Bulls mit breiter Brust, führten schnell mit 6:2 (3.) und 12:8 (5.) und nutzten ihre Chancen eiskalt aus. Wieder brauchte es ein wenig Zeit, bis der RSV Lahn-Dill seine Feinjustierung auf die Taktik der Gäste ausgerichtet hatte, doch unruhig wurde auf Seiten der Wetzlarer angesichts des Rückstandes niemand. Stattdessen merkte man Kapitän Michael Paye und seinen Kollegen an, dass sie wild entschlossen waren, alle voreiligen Favoritenbekundungen eines Besseren zu belehren.
So stieg der Druck auf den Spielaufbau der Thüringer von Minute zu Minute und nach dem 20:21-Zwischenstand (12.) drehte der Gastgeber richtig auf. Zwei Dreier von Michael Paye, eine aggressive Verteidigung und binnen weniger Spielminuten hatten die Rollis aus Wetzlar mit 30:21 (17.) die Nase unter dem Jubel der Zuschauerkulisse vorn. Und diese Führung sollte der dreizehnfache Deutsche Meister auch bis zur Schlusssirene nicht mehr abgeben.
„Wir haben uns diesmal selbst belohnt und hervorragende Wurfoptionen herausgespielt. Was mich stolz macht und zeigt, wie konzentriert wir zu Werke gegangen sind, bei nur vier Ballverlusten in der gesamten Partie und dies in einem solchen Spiel gegen einen solchen Gegner“, war RSV-Head Coach Ralf Neumann nach dem Ende voll des Lobes über seine Mannschaft und dies, obwohl beide Seiten in dieser Phase der Saison erkennbar noch nicht an der Grenze ihrer Leistungsfähigkeit angekommen sind.
Doch dies tat der grandiosen Stimmung in der Halle keinen Abbruch, auch wenn nach dem Seitenwechsel wieder die Bulls mehr und mehr Dominanz zurückgewannen. Von 41:32 (33.) startete der Gast eine Gegenoffensive, die nur drei Minuten später in den 41:41-Ausgleich mündete. Noch im dritten Viertel sollte zumindest mental die wichtigste Phase für den RSV folgen, denn unbeirrt setzten die Hausherren den selbstbewussten Konter zum 52:43 (29.) und damit zur vielleicht spielentscheidende Situation der gesamten Partie.
Doch noch gab sich eine europäische Klassemannschaft, wie die der Thuringia Bulls, nicht geschlagen. In der 34. Spielminute war es Matt Scott, der den erneuten Gleichstand beim 56:56 erzielte, ehe der Iraner Vahid Gholamazad für den bis dato von der RSV-Defensive mehrheitlich abgemeldeten etatmäßigen Topscorer Aliaksandr Halouski, in die Bresche sprang. Der persische Hüne kam am Ende auf starke 20 Punkte und läutete mit seinem 65:66-Anschluss (39.) die hoch dramatische Schlussphase ein. Zunächst war es jedoch Brian Bell, der nach einer schönen Kombination 20 Sekunden vor dem Ende das 68:65 erzielen konnte. Doch während die August-Bebel-Sporthalle schon feierte, war es sein US-Landsmann Jake Williams, der elf Sekunden vor der Schlusssirene von jenseits der 6,75m-Markierung den Ausgleich erzwang. Zehn Spielsekunden später ging dann der in einer letzten Auszeit besprochene letzte Spielzug der Hausherren auf und Hiroaki Kozai erhielt an der Grundlinie den Ball. Als sein Wurf lupenrein durch die Reuse flog zeigte die Uhr noch 0,5 Sekunden Restspielzeit an, die der Gegner nicht mehr nutzen konnte.
Mit dem Japaner freuten sich nicht nur Team und Fans in der August-Bebel-Sporthalle, sondern insbesondere auch die zahlreichen Verbands- und Medienvertreter aus dem Land der aufgehenden Sonne, die auf dem Weg zur WM-Auslosung am Montag in Hamburg in Wetzlar Station machten. Sie sahen in Kapitän Paye mit einem Double-Double (14 Punkte, zehn Assists) und dem bärenstarken Thomas Böhme (26 Punkte) die besten Spieler im RSV-Trikot, während sich diesen Titel auf der Gegenseite Matt Scott verdiente.
„Für die Mannschaft ist dieser Sieg vor allem für das eigene Selbstbewusstsein vor den wichtigen Spielen der kommenden Wochen Gold wert“, freute sich Neumann nach den 40 überaus intensiven Minuten. Im Kampf um den Titel bleibt es also spannend, zumal beide Seiten noch erkennbar Luft nach oben haben. Diese wollen beide Mannschaften bereits ab dem kommenden Freitag ausschöpfen, wenn die beiden deutschen Topteams in Europe in der IWBF Champions League erneut gefordert sind.
Lahn-Dill: Thomas Böhme (28/1), Hiroaki Kozai (18), Michael Paye (14/2), Brian Bell (6), Jan Haller, Nico Dreimüller (4), Annabel Breuer, Philipp Häfeli, Christopher Huber, Marian Kind (n.e.), Dirk Köhler (n.e.), Felix Schell (n.e.).
Thüringen: Matt Scott (23/2), Vahid Gholomazad (20), Aliaksandr Halouski (12), Jakob Williams (9/1), André Bienek (2), Raimund beginskis (2), Jens Eike Albrecht, Teemu Partanen, Jitske Visser.

RSV-Magazin Defense