Bell, Kind, Kozai, Schell und McLachlan neu – erwarteter Zweikampf um den Titel
Vier neue Spieler, ein neues Trainergespann und ein runderneuerter optischer Auftritt bestimmen das Bild des inzwischen dreizehnfachen Meisters RSV Lahn-Dill in der neuen Spielzeit 2017/2018. Mit dem US-Paralympicssieger Brian Bell und dem japanischen Scharfschützen Hiroaki Kozai sowie Talent Marian Kind und Rückkehrer Felix Schell werden die Rollis aus der Domstadt nicht nur aufgrund der neuen Handschrift des Trainerduos Ralf Neumann und Janet McLachlan ihren Fans einen anders ausgerichteten Basketball präsentieren.
Neun aktuelle A-Nationalspieler zieren den neuen Kader
Der neue zwölfköpfige Kader der Wetzlarer steht für enorme Schnelligkeit und hohe technische Fertigkeit. US-Boy Bell und Scharfschütze Kozai sind ein Inbegriff dieser Fähigkeiten und passen prächtig zum starken Spielaufbau des RSV mit Michael Paye und Thomas Böhme. An ihrer Seite sollen die Nationalspieler Nico Dreimüller und Jan Haller harmonieren. In Bereich der sogenannten Lowpointer, also der Spieler mit niedriger Klassifizierung, sollen die jungen Christopher Huber und Annabel Breuer den Abgang von Björn Lohmann vergessen machen. Und mit einem Center-Quartett um den Schweizer Philipp Häfeli, Routinier Dirk Köhler sowie den beiden Neuen Brian Bell und Felix Schell, kann sich auch die lange Garde der Mittelhessen mehr als sehen lassen.
Hinzukommt mit Youngster Marian Kind ein großes Talent, dass nach Jahren in der zweiten Liga nun erstmals an die rauhe Erstligaluft herangeführt werden soll. Zwölf hungrige Akteure, aber noch wichtiger zahlreiche Line-Ups, stehen dem neuen Head Coach Ralf Neumann und seiner neuen Assistentin Janet McLachlan zur Verfügung. Beide haben die Trainingsintensität noch einmal zum Vorjahr ausgebaut und für den technischen und medizinischen Part stehen mit René Dietsch sowie dem Trio Petra Michel-Leutheuser, Pia Briegel und Beke Scheil ebenfalls bestens bewährte Kräfte zur Verfügung.
Vier Neuzugänge für neues Trainergespann
Bereits seit einigen Jahren steht Brian Bell ganz oben auf der Liste beim RSV Lahn-Dill. Der sympathische Center, der nach seinem ausgelaufenen Vierjahresvertrag im norditalienischen Cantu, mit Ehefrau Diane und den Kindern Kaylan, Lia und Myles über die Alpen nach Hessen wechselt, reist mit der Empfehlung einer paralympischen Goldmedaille an. Er war es auch, der auf internationalem Parkett mit einer bärenstarken Leistung maßgeblich für das bittere Halbfinal-Aus des RSV in der Champions League sorgte.
Zweiter Neuzugang im Bunde ist der Japaner Hiroaki Kozai, der aus Hamburg nach Mittelhessen kommt. Auch der 29-jährige brandgefährliche Distanzschütze hat bisher gute Erfahrungen mit seinem neuen Klub gemacht, erzielte der Nationalspieler doch in sechs Partien des Vorjahres in Meisterschaft, Pokal und Playoffs gegen den RSV stattliche 94 Punkte. Er, wie auch Brian Bell, gelten zudem als Schlüsselspieler ihrer Nationalmannschaften, die sich zusammen mit der deutschen Auswahl im kommenden Jahr bei den Weltmeisterschaften in Hamburg gegenüberstehen könnten. Ein Vorteil für Kapitän Paye & Co. ist dabei die Tatsache, dass sich beide Neuzugänge aus ihrer Zeit an der University of Illinois bestens kennen und bereits als dicke Freunde nach Mittelhessen kommen.
Der größte Umbruch hat jedoch auf der Kommandobrücke des sechsfachen Champions League Siegers stattgefunden. Nach zehn Jahren mit acht Meisterschaften und drei Triumphen in der europäischen Königsklasse hat Nicolai Zeltinger das Zepter an Ralf Neumann übergeben, der das vollste Vertrauen des erfolgreichsten deutschen Vereins in der Geschichte genießt. „Wir haben Ralf 2012 verpflichtet mit genau dem Hintergrund, ihn Schritt für Schritt zum Nachfolger aufzubauen. Er arbeitet äußerst akribisch und vor allem mit ganzem Herzen, ist ausgewiesener Basketballfachmann und für uns eine Idealbesetzung“, so RSV-Geschäftsführer Andreas Joneck. An seiner Seite steht mit der Kanadierin Janet McLachlan eine Weltmeisterin in der Sportart, die nicht nur die internationale Szene, sondern durch ihre Engagements in Trier und Wiesbaden auch die deutsche Bundesliga im Detail kennt. So ist die Wahl Neumanns für den Co-Trainer Posten an seiner Seite der zweite Idealfall für den RSV Lahn-Dill.
Die Konkurrenz in der RBBL
In der 26. Erstligasaison der Wetzlarer, der 24. in Serie, präsentiert sich aber auch die Liga in neuem Gewand. Gleich drei hungrige Aufsteiger bereichern die Beletage 2017/2018. Zweitliga Nordmeister Hannover United möchte das Image der Fahrstuhlmannschaft im dritten Anlauf endlich ablegen und Nord-Vize Baskets 96 Rahden den seit Jahren angestrebten Traum in der höchsten Spielklasse verwirklichen. Die wahre sportliche Revolution fand aber in der bayrischen Landeshauptstadt München statt, wo nur wenige Wochen nachdem Emporkömmling RBB München Iguanas den Sprung in das Oberhaus schaffte, der Traditionsverein USC München mit einem Paukenschlag aus der Beletage in die drittklassige Regionalliga abtauchte. Die spielerischen Filetstückchen des dreizehnmaligen Meisters USC angelten sich nun die Iguanas für ihre Premiere im Oberhaus.
Alle drei Neulinge bauten ihre Kader international um, Hannover unteranderem mit dem Ex-RSVler Joe Bestwick, und wollen mit Macht das Ziel Klassenerhalt realisieren. Mit Bestwick, seinem Landsmann Lewis Edwards und US-Paralympicssiegerin Vanessa Erskine in Hannover, dem argentinischen Duo Maximiliano Ruggeri und Cristian Gomez sowie dem Briten Jack Elliot Gibbs in Rahden, neuerdings trainiert von Urgestein Josef Jaglowski, sowie in München mit dem Australier Kim Robins sowie Nationalspieler Sebastian Magenheim, hat das Trio der Neulinge ordentlich aufgerüstet. Zusammen mit den letztjährigen Kellerkindern aus Köln und Zwickau ist die Abstiegsfrage damit offener denn je, auch wenn sich diese beiden Traditionsvereine ebenfalls gezielt verstärken konnten.
Aber auch der Kampf im Mittelfeld scheint ausgeglichener denn je zu sein. Vor allem die Trier Dolphins scheinen mit einem kaum veränderten Kader an Stabilität gewonnen zu haben. Mit Ex-Nationalspieler Matthias Heimbach und dem US-Boy Correy Rossi hat das Team von der Mosel seinen Kader um Scharfschütze Dirk Passiwan herum erweitert und dürfte wieder zu den engeren Playoff-Kandidaten zählen.
Dagegen müssen die letztjährigen Playoff-Teilnehmer Hamburg und Wiesbaden zunächst einmal ihre Ansprüche aus dem Vorjahr neu untermauern. Zwar konnte man in der hessischen Landeshauptstadt mit dem Schweizer Maurice Amacher sowie den Paralympicssiegerinnen Marina Mohnen und Annegrit Brießmann, gleich drei Internationale verpflichten, doch auch die Abgänge wiegen schwer. Vor allem das Karriereende der Kanadierin Janet McLachlan, die nun auf der Bank des RSV Lahn-Dill an der Seite von Head Coach Ralf Neumann Platz nehmen wird, ist eine Zäsur für die Rhinos.
In Hamburg herrscht ein Jahr vor der WM in der eigenen Stadt Ernüchterung, denn mit sieben Leistungsträgern kehrte ein ganzes Starensemble dem Verein den Rücken, darunter auch der Japaner Hiroaki Kozai, der nun das RSV-Trikot trägt. Zwar konnte dieser Aderlass quantitativ aufgefangen werden, jedoch nicht in der hohen Qualität des Vorjahres.
Bleibt das Spitzenduo der letzten Jahre, bestehend aus dem Meister 2016 RSB Thuringia Bulls und dem aktuellen Titelträger RSV Lahn-Dill. Beide Teams haben ihre Gesichter verändert, bei den Bullen aus dem Erfurter Umland nahmen vier Akteure, darunter Schlüsselspieler Joakim Linden, ihren Hut. Doch mit der Verpflichtung der beiden US-Paralympicssieger Matt Scott und Jake Williams sowie der niederländischen Europameisterin Jitske Visser haben die Thüringer nicht nur international hochkarätig zugeschlagen. Der neue Kader der Bulls ist eine klare Kampfansage an den Rekordmeister aus Wetzlar und mit einem Vize-Titel wohl kaum zufriedenzustellen, zur Freude der Fans in ganz Deutschland.
Die sportlichen Ziele der Wetzlarer
Nominell präsentieren sich die Topfavoriten aus Wetzlar und Erfurt damit auf Augenhöhe, vielleicht sogar mit leichten Vorteilen für den Herausforderer. Doch die Saison ist lang und die Frage nach der mannschaftlichen Einheit die deutlich entscheidendere Frage im Rennen um Meisterschaft und Pokal. Abgerechnet wird nach 18 Hauptrundenspielen und den sich anschließenden Playoff-Duellen, letztendlich erst im April des kommenden Jahres. In dieser Endspielserie wollen die beiden großen Rivalen aus Thüringen und Hessen stehen und natürlich haben auch beide das Ziel am Ende die Meisterschaft bejubeln zu können, egal welches verbale Understatement zuvor bemüht wurde.
„Als Doublegewinner des Vorjahres und mit unserer Liste an Erfolgen, wäre alles andere als die Titelverteidigung anzustreben sowieso nicht glaubwürdig“, schmunzelt RSV-Geschäftsführer Andreas Joneck, ergänzt aber deutlich: „Unsere Mannschaft hat alleine von den Spielertypen her ein neues Gesicht, dazu ein Wechsel auf der Trainerbank. Dies alles braucht Zeit und die geben wir uns allen ohne Aufregung“. Dass der Faktor Zeit eine wichtige Rolle spielen wird, ergibt sich alleine schon aus der Tatsache heraus, dass Neuzugang Hiroaki Kozai bereits vor dem ersten Pflichtspiel wieder zu seiner Nationalmannschaft reisen muss. Bereits am Donnerstag sitzt der Japaner wieder im Flieger nach Fernost und bereitet sich dort auf die im Oktober in Peking stattfindenden Asienmeisterschaften vor, die ebenfalls als Qualifikation für die WM 2018 in Hamburg dienen.
Auch international dürften die beiden deutschen Topteams zu den besten Adressen in Europa gehören. Beim Champions League Final Four im Mai auf Teneriffa verpassten beide den Sprung ins Endspiel und müssen sich nun über die EuroLeague I Anfang Februar zunächst für die Königsklasse qualifizieren. Im Falle einer erfolgreichen Qualifikation würde dann das Viertelfinale der Champions League Mitte März entweder im norditalienischen Cantu oder in Madrid auf den RSV warten. Die Titelentscheidung fällt dann im Mai im Final Four, dass nach unbestätigten Informationen in der WM-Stadt Hamburg ausgetragen werden soll.