Kader, Neuzugänge, Konkurrenten, Lage der Liga, International
Neues Spiel, neues Glück und auch eine neue Rolle für die Wetzlarer Rollis. Der zwölffache Deutsche Meister RSV Lahn-Dill schlüpft nach sechs Meistertiteln in Serie erstmals wieder in der Rolle des Jägers, nachdem Meisterschaft und Pokal in der Vorsaison an die RSB Thuringia Bulls verloren gingen. Doch auch für die Ostdeutschen ist die Rolle des Gejagten eine neue, da zudem die Zahl der Mitfavoriten auf den Titel anno 2016/2017 um die BG Baskets Hamburg erweitert worden ist.
„Natürlich wollen wir den Meistertitel zurück, alles andere wäre doch die Aufgabe jeglicher sportlichen Herausforderungen, auf die wir uns natürlich freuen“, so RSV-Head Coach Nicolai Zeltinger zur emotionalen Lage beim erfolgreichsten deutschen Vereinsteam: „Ob uns dies letztendlich gelingen kann, ist eine ganz andere Frage. Wir haben mit Titelverteidiger Thüringen und den Hamburgern bereits national zwei Konkurrenten der europäischen Spitzenklasse, die ein mehr als spannendes Rennen um den Titel garantieren“.
Der neue Kader
Um dieses Ziel erreichen zu können, hat der RSV sein Kader umgebaut und mit zwei Neuzugängen elementar verstärkt. So kommen aus Hamburg der schweizerische Nationalspieler Philipp Häfeli und von Galatasaray Istanbul der polnische Weltklassespieler Piotr Luszynski nach Mittelhessen, während US-Boy Steve Serio in seine Heimat New York zurückgekehrt ist und Felix Schell und Marco Zwerger zukünftig für den RSV Lahn-Dill II in der 2. Bundesliga Süd auf Korbjagd gehen werden. Betrachtet man insbesondere die Konkurrenz, dann wirkt die Summe von lediglich zwei Neuzugängen zwar eher bescheiden, doch beim genaueren Blick offenbart sich mit Häfeli und Luszynski eine taktische Neuausrichtung des RSV-Spiels.
Mit nun vier international gestandenen Centern im Kader wird schnell klar, dass sich der RSV mehr auf die Lufthoheit und das Spiel unter dem Brett konzentrieren will. „Steve Serio zu ersetzen ist nicht möglich, daher haben wir es gar nicht erst versucht, sondern uns umorientiert“, so Geschäftsführer Andreas Joneck zur Personalplanung im Team, das neben den beiden Neuzugängen auf der Centerposition auch noch auf Dirk Köhler und den Briten Joe Bestwick bauen kann. Mit einer „Doppel-Vier“ auf dem Parkett wird sich auch die Rolle der starken Zwei-Punkte-Spieler Nico Dreimüller und Jan Haller verändern, dazu die beiden punktgefährlichen Guards Michael Paye und Thomas Böhme sowie mit Annabel Breuer, Christopher Huber und Björn Lohmann drei Lowpointer mit internationalem Format. Dieser Mix macht den neuen RSV Lahn-Dill schwerer ausrechenbar, ohne ihn vom Grundgefüge her komplett umzubauen.
Die Neuzugänge
Insbesondere die beiden Neuen im Team sorgen für frisches Blut und neue Hierarchien beim ansonsten eingespielten Vizemeister. Der Schweizer Häfeli avancierte trotz namhafter internationaler Konkurrenz in der Vorsaison in Hamburg zum zweitbesten Schützen der Hanseaten und will nun in Wetzlar den nächsten Schritt in seiner noch jungen Karriere machen. Der Pole Luszynski gehört dagegen seit Jahren zu den unumstrittenen Größen auf dem internationalen Parkett. Einst zu Zwickaus besten Zeiten in der Bundesliga aktiv, gewann Piotr Luszynski 2011, 2013 und 2014 mit Galatasaray Istanbul die europäische Königsklasse.
Die Konkurrenz
Somit dürfen die Wetzlarer selbstbewusst den erneuten Tanz auf drei Hochzeiten angehen. Doch auch die Thuringia Bulls können als amtierender Meister und Pokalsieger in der Natur der Sache liegend nicht weniger als die Titelverteidigung anstreben, eine Rolle die der RSV aus den vergangenen Jahren nur zu gut kennt, für die Bulls jedoch neu ist. Der Kader der Thüringer hat sich dabei nur im Detail verändert. Für den scheidenden Briten Dan Highcock kann sich Neu-Trainer Michael Engel über den iranischen Nationalspieler Vahid Gholomazad freuen, der aus dem spanischen Getafe nach Thüringen wechselt. Und das US-Duo Benjamin Kenyon und Vanessa Erskine sind sicher ein adäquater Ersatz für den abgewanderten Letten Nerijus Venckus.
Doch der Titel 2017 wird nicht mehr nur unter den beiden Platzhirschen der letzten Jahre ausgemacht, denn mit insgesamt acht Neuverpflichtungen, teils absoluter internationalen Klasse, kann auch in Hamburg niemand mit der Rolle des Drittplatzierten im Bunde zufrieden sein. Neben den drei deutschen Nationalspielern Matthias Heimbach, Kai Möller und Anne Patzwald rückt auch Lowpointerin Simone Kues wieder ins Erstligateam. Dazu gesellen sich neu an der Elbe der britische Europameister Ghazian Choudhry, das kanadische Toptalent Nic Goncin, der US-Goldmedaillengewinner von Rio, Jake Williams, und der Lette Karlis Podnieks. Zusammen mit dem japanischen Trio Reo Fujimoto, Hiroaki Kozai und Mitsugu Chiwaki hat sich nun ein Team formiert, das weder in Hamburg noch anderswo auf der Welt mit Platz drei zufrieden sein kann. „Aktuell kann wohl noch niemand so richtig beurteilen, wie sich die Kräfteverhältnisse letztendlich entwickeln. Sicher ist nur, dass alle Teams wohl noch einiges an Zeit benötigen, um ihre beste Leistung abrufen zu können“, so Trainer Zeltinger weiter.
Lage der Liga
Hinter dem genannten Favoriten-Trio dürfte sich in der neuen Saison ein breites und ebenso ambitioniertes Mittelfeld bilden. Bisher 31 Neuzugänge verpflichteten die Konkurrenten des RSV Lahn-Dill in diesem Sommer, zudem nehmen in Köln, München und Elxleben neue Trainer auf der RBBL-Bank Platz. Trier um den Scharfschützen Dirk Passiwan, Rekordmeister München, der im Jahr zwei nach seiner Rückkehr ins Oberhaus seine Ansprüche untermauern muss, die konsolidierten Zwickauer, die im vergangenen Jahr einen überaus soliden Part gespielt haben und dazu eine 99ers-Mannschaft, die in Köln gleich sieben internationale Neuzugänge präsentiert, bilden das ambitionierte und alteingesessene Establishment, das die beiden Aufsteiger aus Wiesbaden und Bonn aufmischen möchten.
Insbesondere den Rhine River Rhinos aus der hessischen Landeshauptstadt ist in ihrer Premierensaison einiges zuzutrauen. Neben dem Trio Tommie Gray (USA), John McPhail (Australien) und Jim Palmer (Großbritannien) konnten sich die Wiesbadener auch die Dienste des Heidelberger Topscorers André Hopp sichern. Wenige Kilometer rheinabwärts setzt man dagegen in der ehemaligen Bundeshauptstadt auf den Nachwuchs und holte die beiden verlorenen Söhne Marcel Gerber und Oliver Hoffmann zurück. Eine breite und spannende RBBL-Saison dürfte garantiert sein, auch wenn beim ASV Bonn der Klassenerhalt als das wohl einzig realistische Ziel angesehen werden darf.
International
Mit der 2015 in Brüssel angestoßenen Reform der Champions League, kehrt die europäische Königsklasse nach acht Jahren Abstinenz nach Wetzlar zurück. Während die Konkurrenz im Februar sich in drei Qualifikationsturnieren der EuroLeague 1 erst noch für die Champions League qualifizieren muss, sind die beiden Finalisten des Vorjahres aus Madrid und Wetzlar automatisch Gastgeber des neu geschaffenen Champions League Viertelfinales. Vom 10. bis 12. März kämpfen dann in der spanischen Hauptstadt wie auch in der Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle jeweils vier Teams um je zwei Plätze für das ebenfalls neue Final Four in der Königsklasse, das im Mai 2017 stattfinden wird.