RSV muss sich mental am letzten Viertel aufrichten

Bittere 58:70-Niederlage gegen RSB Thuringia Bulls
Wie im Vorjahr liegt Titelverteidiger RSV Lahn-Dill im Playoff-Finale auch im Meisterschaftsrennen 2016 nach Spiel eins der „best-of-three“ Serie mit 0:1 zurück. Am Samstagabend musste der zwölffache Meister dabei eine streckenweise bittere 58:70 (13:21/29:40/37:62) Heimniederlage gegen die RSB Thuringia Bulls hinnehmen. Erst im letzten Viertel platze bei den Mittelhessen der Knoten, doch die beeindruckende Aufholjagd kam zu spät. 
Es stand bereits 37:62 nach dem dritten Spielviertel vor rund 1.400 Zuschauern in der Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle, ehe im Angesicht der drohenden höchsten Heimspielniederlage seit 15 Jahren der Gastgeber im letzten Abschnitt förmlich explodierte. Center Felix Schell leitete direkt nach Beginn der letzten zehn Spielminuten mit seinem Korb einen Lauf ein, den der scheidende Steve Serio mit zwei Drei-Punkte-Spielen und letztendlich Kapitän Michael Paye mit einem Dreier zum 56:63 (38.) ausbaute. Doch dieser 19:1-Run der Hausherren kam aufgrund der zuvor offenbarten Fehler zu spät, um noch eine Wende herbeizuführen. 
Zuvor verkaufte sich der RSV Lahn-Dill insbesondere in der Offensive viel zu harmlos, musste sich gegen die bärenstark auftretenden Gäste aus Thüringen jeden Wurf hart erarbeiten und konnte diese dann oftmals nicht verwerten. Auf der Gegenseite zeigte sich der Herausforderer nicht nur mental geschlossen, sondern auch in seiner Offensive abgeklärt und routiniert. Allen voran Nationalspieler André Bienek, den die RSV-Verteidigung im Pokalfinale vor einer Woche noch gut unter Kontrolle hatte, traf aus allen Lagen, darunter auch vier wichtige Dreier von jenseits der 6,75m Markierung. Bester Mann auf Seiten der Wetzlarer war dagegen das Publikum, das den Gastgeber trotz teils aussichtslosem Rückstand weiter frenetisch anfeuerte. 
Bis zum 6:6 (4.) und auch beim 11:15 (9.), beides durch RSV-Urgestein Dirk Köhler erzielt, war noch nicht abzusehen, was sich ab Mitte des zweiten Spielviertels abzeichnen sollte. Zwar hatte Bienek mit drei Dreiern binnen 180 Sekunden sein Team auf 21:13 (10.) in Front gebracht, doch von der Spielanlage waren beiden Kontrahenten zu diesem Zeitpunkt noch auf Augenhöhe. Nach einem Freiwurf von Joe Bestwick zum 19:23 (14.) verlor der RSV Lahn-Dill jedoch immer mehr die Kontrolle über die Begegnung, während die Thuringia Bulls ihr Spiel wie ein schweizerisches Uhrwerk abspulten. 
Doch selbst nach dem 32:41 (21.) kurz nach dem Seitenwechsel hofften der RSV und sein fantastisches Publikum noch auf eine Wende. Die ernüchternde Antwort der Thüringer war jedoch ein fast unfassbarer 18:3-Lauf der Gäste im Wohnzimmer der Wetzlarer Rollis. Während die Bulls die RSV-Defensive immer wieder aushebelten, drohte den Mittelhessen in dieser Phase eine empfindliche und in der August-Bebel-Sporthalle in dieser Form selten gesehene Demontage. 
Als die deutlich spürbare mentale Verunsicherung im Team am größten war und niemand der 1.400 Besucher einen realistischen Pfifferling auf die Hausherren gesetzt hätte, kippte die Partie dennoch urplötzlich. Mit Physis und begeisterndem Kampfgeist erweckte die Mannschaft von Head Coach Nicolai Zeltinger die Begegnung wieder zu einem echten Playoff-Duell. Jetzt, wo nichts mehr zu verlieren war, wirkten die Wetzlarer auf einmal befreit und diktierten was auf dem Heimparkett passierte. Punkt um Punkt kam der RSV nun im letzten Abschnitt näher, während auf der Thüringer Bank der Blick zur Anzeigetafel und zur Uhr immer sehnsüchtiger wurde. 
Doch am Ende war die Masse an zuvor gemachten Fehlern zu groß und die Restspielzeit zur kurz, um die Partie doch noch einmal zu den eigenen Gunsten kippen zu können. Mit vier Punkten des erneut starken Raimund Beginskis setzte Thüringen den absolut verdienten Schlusspunkt in einem ersten Playoff-Finalspiel, das drei Viertel leider nicht nach den Wünschen der Hausherren verlief. 
„Für uns war es natürlich für den weiteren Verlauf der Finalserie von enormer Bedeutung, dass wir mental noch einmal ins Spiel zurückgefunden haben und vor allem uns selbst beweisen konnten, dass wir es können“, so ein sichtlich niedergeschlagener Nicolai Zeltinger nach der Schlusssirene. Nun heißt es für den RSV Lahn-Dill sich zu sammeln, auf die eigenen Stärken zu konzentrieren und die nächste Partie mit Mut und Entschlossenheit anzugehen. „Sicher ist die Aufgabe jetzt mehr als schwer beide kommenden Spiele in Elxleben gewinnen zu müssen, doch aussichtslos oder gar unmöglich ist das natürlich nicht. Wir haben noch zwei Chancen und die wollen und werden wir mit aller Wut im Bauch auch wahrnehmen“, so Zeltinger weiter. 
 Der 44-Jährige bezog sich damit bereits auf Spiel Nummer zwei der Finalserie am kommenden Samstag um 18 Uhr in Thüringen, bei dem der RSV Lahn-Dill nun zwingend gewinnen muss, um ein drittes und dann alles entscheidende Endspiel nur 20 Stunden später an gleicher Stelle zu erzwingen. Bereits im Vorjahr ist den Wetzlarer Rollis mit einer Energieleistung genau dieses gelungen, mit zwei folgenden Siegen aus einem 0:1 einen 2:1-Triumph zu machen. An dieser Erkenntnis muss sich das gesamte Team nun aufrichten. 
Lahn-Dill: Michael Paye (20/2 Dreier), Dirk Köhler (13), Steve Serio (11/1), Joe Bestwick (6), Thomas Böhme (4), Felix Schell (4), Annabel Breuer, Björn Lohmann, Nico Dreimüller (n.e.), Jan Haller (n.e.), Christopher Huber (n.e.). 
Thüringen: André Bienek (26/4), Raimund Beginskis (16), Aliaksandr Halouski (14), Joakim Linden (11), Teemu Partanen (3), Dan Highcock, Marcus Kietzer, Venckus Nerijus, Marvin Malsy (n.e.). 

RSV-Magazin Defense