Champions League Entscheidung wartet in der spanischen Hauptstadt
Es war der 2. Mai 2004, nur wenige hundert Meter vom traditionsreichen Estadio Santiago Bernabeau von Madrid entfernt, als ein damals internationaler Nobody aus Mittelhessen zum ersten Mal in seiner Vereinsgeschichte im Champions League Endspiel stand, dort den italienischen Meister GSD Anmic Sassari in einem dramatischen Endspiel mit 73:64 bezwingen konnte und damit erstmals in der Geschichte der Sportart den Titel in der europäischen Königsklasse nach Deutschland holte. Heute, genau zehn Jahre danach, reist der RSV Lahn-Dill erneut in die spanische Hauptstadt, um am Ort des ersten Triumphes weitere internationale Meriten zu erwerben.
Die Kontrahenten
Qualifiziert für die Endrunde der besten acht europäischen Teams hat sich der inzwischen fünfmalige Champions League Gewinner Anfang März in den eigenen vier Wänden. Ungeschlagen spazierten Michael Paye & Co. vor rund zwei Monaten durch die Gruppe A der EuroLeague I in Wetzlar und buchten nach vier ungefährdeten Erfolgen das Ticket auf die iberische Halbinsel. Den Mittelhessen gleich taten es der italienische Titelträger Unipol Briantea ´84 Cantu und der dreimalige Ex-Champion CS Meaux aus Frankreich. Als Gruppenzweite ihrer Gruppe qualifizierte sich der französische Vizemeister Hyeres Handi Basket, der italienische Traditionsverein SSD Santa Lucia Rom und Lahn-Dills nationaler Erzrivale RSC-Rollis Zwickau für die Champions League. Ein überaus erlesenes Feld, das in Madrid durch zwei weitere europäische Schwergewichte, Gastgeber CD Fundosa ONCE Madrid, und Titelverteidiger Galatasaray Istanbul ergänzt wird.
Die Favoriten
Die Kontrahenten Insbesondere das Team vom Bosporus gilt auch 2014 als Maß aller Dinge. Einen Kader von gleich 15 Spieler leistet sich der bisher viermalige Champions League Sieger aus der Türkei. Namen wie der des US-Amerikaners Matt Scott, des kolumbianischen 2,02m Hünen Rodney Hawkins, des polnischen Duos Mateusz Filipski und Piotr Luszynski, des pfeilschnellen französischen Scharfschützen Sofyane Mehiaoui oder des in Bremen geborenen Niederländers Mustafa Korkmaz werden mit türkischen Nationalspielern wie Özgür Gurbulak, Ismail Ar oder Ferit Gümüs nahezu perfekt ergänzt. Die letzte Niederlage von Galatasaray datiert vom 6. Mai 2012, als die Türken vor rund 3.500 Besuchern ausgerechnet ihr „Finale daheim“ im Sinan Erdem Dome von Istanbul mit 65:79 verloren. Spielverderber der damals bereits geplanten rauschenden Europapokalparty war ausgerechnet der RSV Lahn-Dill. Aber auch der italienische Meister aus Cantu mit dem deutschen Nationalspieler André Bienek, dem britischen Duo Martin Edwards und Ian Sagar, dem Spanier Jordi Ruiz Jordan oder dem Schweden Joakim Lindblom gehören zu Favoritenkreis 2014.
Der RSV Lahn-Dill bekommt es in seiner Vorrundengruppe A am Freitag um 11:30 Uhr zunächst mit CS Meaux zu tun, ehe noch am gleichen Tag um 18:00 Uhr Gastgeber Fundosa ONCE auf die Truppe von Headcoach Nicolai Zeltinger wartet. Die Franzosen schlugen dieses Jahr in der EuroLeague überraschend den RSC-Rollis Zwickau, haben aber in zwei Begegnungen bisher noch nie gegen die Wetzlarer Rollis gewinnen können. Madrid dagegen hat erst im Vorjahr in Valladolid dem RSV mit 70:83 das Nachsehen gegeben und gilt mit dem Heimvorteil im Rücken als aussichtsreicher Halbfinalkandidat.
Im Kampf um den Halbfinaleinzug der beiden bestplatzierten Teams nach der Vorrunde fällt dann am Samstagmorgen die Entscheidung im Duell mit Santa Lucia. Gegen kein anderes Team hat der RSV international öfter gespielt, als gegen die Römer, die im Vorjahr bis ins Endspiel vordringen konnten, aber in der Bilanz gegen die Wetzlarer mit 3:7 klar im Hintertreffen sind. Mit drei Titeln in der Champions League und im Andre-Vergauwen-Cup sowie 20 nationalen Meisterschaften gehört Santa Lucia Rom zu den ganz großen Namen in der europäischen Szene. Spieler wie Mohamed Sanna Ali, die beiden US-Amerikaner Jake Counts und Ian Lynch oder aber der Marokkaner Amine Moukhariq sorgen auch im Team 2014 für die nötige Klasse bei den Römern.
Im angestrebten Halbfinale würde der RSV Lahn-Dill auf die beiden in dieser Saison bereits in der EuroLeague bzw. der heimischen RBBL bezwungenen Teams Hyeres Handi Basket und RSC-Rollis Zwickau oder aber auf eines der beiden absoluten Topteams aus Istanbul und Cantu treffen. Alle Vorrunden- und Halbfinalspiele finden wie auch die Finalspiele am Sonntag in Las Rozas, rund 18 Kilometer nordwestlich des Zentrums der spanischen Metropole statt.
Die sportlichen Ziele
Für den RSV Lahn-Dill, der mit fünf Titeln und weiteren drei Endspielteilnahme selbst zum europäischen Rollstuhlbasketball-Adel gehört, zählt in Madrid vor allem die Scharte aus dem Vorjahr auszuwetzen. Damals landete Deutschlands erfolgreichste Mannschaft nur auf einem für sie enttäuschenden siebten Rang im Achterfeld. „Wir wollen natürlich ins Halbfinale, aber bereits dies ist bei dieser Leistungsdichte, nicht selbstverständlich. Sind wir dann einmal dort angekommen, scheint an einem guten Tag auch vieles möglich zu sein, auch wenn der Favorit ganz eindeutig Galatasaray Istanbul heißt“, ist sich auch Trainer Nicolai Zeltinger der Schwere der Aufgabe durchaus bewusst.
Zeltinger und sein Assistent Ralf Neumann können dabei auf zwölf Akteure zurückgreifen und müssen nur auf den Langzeitverletzten Thomas Gundert verzichten und haben sich und das Team in den letzten Wochen nach dem Meisterschaftstriumph über den Erzrivalen aus Sachsen intensiv und akribisch auf die Aufgaben in Madrid vorbereitet.
Die 25-köpfige Delegation des RSV Lahn-Dill hebt am Donnerstag um 13:15 Uhr mit Flug LH1114 und rund 900 Kilogramm Sondergepäck in die spanische Hauptstadt ab, um zum elften Mal in Folge die hessischen Farben in der europäischen Königsklasse zu vertreten. Bisher stehen in 83 Europapokalspielen 64 Siege und 19 Niederlagen für den frischgebackenen Deutschen Meister zu Buche, in Madrid sollen nach dem Willen der Verantwortlichen und der zahlreich mitreisenden Fans vom 2. bis 4. Mai nun weitere hinzukommen.