Hart erkämpfter 71:64-Erfolg über den RSC-Rollis Zwickau
Es war 21:39 Uhr als Kapitän Michael Paye am Samstagabend die neue geschaffene Meisterschafts-Trophäe in die Höhe reckte und die 1.600 begeisterten Besucher die Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle in ein Tollhaus verwandelten. Zuvor bewältigte der alte und neue Deutsche Meister RSV Lahn-Dill vierzig packende Finalminuten gegen den alten Rivalen RSC-Rollis Zwickau, der sich im zweiten Playoff-Finale der „best-of-three“ Serie als absolut würdiger Endspielgegner erwies und den Gastgebern alles abverlangte.
„Es war ein unfassbar anstrengendes Spiel und ein so immenser Druck der in den letzten Tagen auf uns lastete, denn natürlich erwartete jeder von uns nichts weniger als den Titel. Aber Zwickau ist ein ebenbürtiger Gegner und wir wussten wie schwer dies werden würde“, war auch RSV-Trainer Nicolai Zeltinger am Ende ebenso glücklich wie erleichtert über den 31. Sieg im 31. Pflichtspiel der laufenden Saison. Und so waren die Szenen direkt nach der Schlusssirene unter den Augen zahlreicher prominenter Zaungäste wie Hessens Oppositionsführer Thorsten Schäfer-Gümbel oder Dragoslav Stepanovic umso emotionaler. Der 65-jährige Kulttrainer ließ es sich nach dem viel umjubelten Ende dann auch nicht nehmen, allen Spielern ganz persönlich zum Meistertitel zu gratulieren.
Zuvor sahen er wie auch die große Kulisse ein wechselvolles Match, bei dem die Sachsen mit einer überraschende Anfangsformation aufwarteten, dieser taktische Kniff nach einem Drei-Punkte-Spiel von Steve Serio allerdings in einem 14:4-Blitzstart (5.) für die mittelhessischen Hausherren endete. Doch RSC-Coach Sinclair Thomas reagierte, brachte mit Junioren-Weltmeister Kai Möller und Center Adam Erben seine etatmäßigen Akteure zurück aufs Parkett und stellte die Wetzlarer Rollis in der Folge vor riesige Probleme.
Insbesondere im zweiten Viertel spielte der Gast eine nahezu perfekte Defensive, die Lahn-Dill immer wieder in schlechte Wurfpositionen brachte. Und so sank zwischen der siebten und 16. Spielminute die Trefferquote des Titelverteidigers ebenso dramatisch ab wie zeitgleich dessen Verunsicherung anstieg. Bereits zum Ende des ersten Viertels hatte Zwickau bis auf 18:22 verkürzt, ehe mit Beginn des zweiten Spielabschnitts der britische Europameister Ghazian Choudhry aus allen Lagen zu treffen schien. 16 Punkte durch ihn und weitere zwölf durch den Tschechen Erben sorgten so für einen 27:38 aus Sicht der Hausherren wenige Sekunden vor dem Seitenwechsel, ehe Joe Bestwick und Thomas Böhme von der Freiwurflinie wenigstens noch für einen dennoch ernüchternden Halbzeitstand von 30:40 sorgen konnten.
Lange saß das Trainergespann Nicolai Zeltinger und Ralf Neumann mit Kapitän Paye beratend zusammen, ehe in der Kabine die taktische Marschroute für Durchgang zwei festgelegt wurde. Und dieser Plan ging einmal mehr auf, denn nach dem Seitenwechsel übernahm wieder der RSV Lahn-Dill mit einer passenden Umstellung in der Defensive das Heft in die Hand zu nehmen. Während in der Offensive nun Urgestein Dirk Köhler zu seiner besten Halbzeit der gesamten Saison ansetzte, konnten die Sachsen geschlagene sechs Spielminuten nichts Zählbares mehr in der RSV-Reuse unterbringen.
Punkt für Punkt kamen die Hausherren nun den Gästen aus Zwickau näher, ehe der 44:44-Ausgleich wie auch die 47:44-Fürhung in der 29. Spielminute von Nationalspieler Köhler nervenstark von der Freiwurflinie aus, von der nun tobenden Zuschauermasse, frenetisch gefeiert wurde. Über 55:48 (32.) durch Steve Serio bis auf 69:60 (38.) durch den starken Thomas Böhme baute der bis dato zehnfache Deutsche Meister seinen Vorsprung aus, auch wenn ein Dreier von Choudhry wieder den zwischenzeitlichen 60:58-Anschluss (35.) bedeutete. Doch die Butter ließ sich der nun mental wie physisch überlegene RSV Lahn-Dill nicht mehr vom Brot nehmen und siegte eine Woche nach dem 67:53-Auswärtserfolg in Sachsen auch im zweiten Playoff-Finale.
Was folgte waren emotional ausgelassene Szene, ehe der nun elfmalige Titelträger durch Vize-Präsident Werner Otto (Wachtberg), RBBL-Geschäftsführerin Tanja Feddersen (München) und Wetzlars Bürgermeister Manfred Wagner den verdienten Lohn einer grandiosen Saison in Empfang nehmen durfte. „Es ist so unglaublich schön wieder bei der Mannschaft zu sein und dies miterleben zu dürfen“, machte vor allem der seit vier Monaten verletzungsbedingt ausfallende Thomas Gundert seinem Herzen Luft und sprach damit seinem gesamten Team aus der Seele, ehe sich dieses zur ebenso erfolgreichen dritten Halbzeit aufmachte.
Nach dem Ende der nationalen Spielzeit mit dem neunten Doublegewinn der Vereinsgeschichte, stehen beide Endspiel-Kontrahenten nun vor internationalen Aufgaben. Anfang Mai wartet in der spanischen Hauptstadt Madrid die IWBF Champions League auf die beiden besten deutschen Mannschaften. Bereits dann könnte es auch zur Neuauflage des Klassikers zwischen Zwickau und Wetzlar kommen.
Lahn-Dill: Dirk Köhler (26), Thomas Böhme (17), Steve Serio (16), Joe Bestwick (6), Michael Paye (4), Björn Lohmann (2), Annabel Breuer, Marco Zwerger, David Amend (n.e.), Jan Haller (n.e.), Christopher Huber (n.e.), Felix Schell (n.e.).
Zwickau: Ghazian Choudhry (25/1 Dreier), Adam Erben (21), Kai Möller (6), Rostislav Pohlmann (6), Bryce Doody (2), Abdi Jama (2), Matt Sealy (2), Frank Oehme, Daniel Gehse (n.e.), Julia Kittlaus (n.e.), Tim Lange (n.e.), Günther Mayer (n.e.).