73:70-Krimi beschert Final Four Teilnahme
Der RSV Lahn-Dill hat nach zwei Niederlagen in der Liga den Fluch gegen Geheimfavorit RSB Team Thüringen gebrochen und in einer begeisternden Schlussphase ein schon verloren geglaubtes Viertelfinale um den Deutschen Rollstuhlbasketball-Pokal noch einmal gewendet. 1.300 Zuschauer sahen am Ende einen 73:70-Erfolg, der dem Titelverteidiger die 16 Teilnahme am Final Four in Serie beschert. Dagegen ist der RSV Lahn-Dill II im Viertelfinale an Hannover United gescheitert und hat damit eine historische Doppelteilnahme der Wetzlarer Rollis verpasst. Beim 55:81 gegen den ungeschlagenen Tabellenführer der zweiten Bundesliga Nord war die RSV-Erstligareserve auf verlorenem Posten.
RSV Lahn-Dill – RSB Team Thüringen 73:70 (19:15/36:38/49:55)
Eine bestens gefüllte August-Bebel-Sporthalle in Wetzlar hat am Samstagabend einen begeisternden Pokalfight erlebt, der die Heimstätte des RSV Lahn-Dill in den letzten Spielminuten zum Kochen gebracht hat. Es war die 38. Spielminute, als sich die Mannschaft von Trainer Nicolai Zeltinger nach drei Korberfolgen in Serie von Dirk Köhler von 56:65 (36.) wieder auf 62:65 heran gekämpft hatte und mit Ballbesitz die Chance auf eine weitere Verkürzung hatte. Zeltinger nahm eine Auszeit, da nur noch der Wimpernschlag einer einzigen Sekunde für die mögliche Angriffszeit auf der 24-Sekunden-Uhr verbleib. Und sein Schachzug sollte die Wende im Spiel bringen, denn tatsächlich gelang dem Titelverteidiger danach das Anspiel auf Joe Bestwick, der aus knapp sieben Metern mit der Sirene einen Dreier zum 65:65-Ausgleich in die Thüringer Reuse schweben ließ. Nun hielt es keinen der 1.300 Besucher mehr auf seinem Platz, auch wenn Gäste-Kapitän Taz Capasso im Gegenzug beim Dreierversuch gefoult wurde und souverän alle drei Chancen zum 68:65 für seine Farben verwandelte. Doch der glänzend Regie führende RSV-Kapitän Michael Paye machte sein Foul wieder wett und ließ 2:01 Minuten vor der Schlusssirene wiederum per Dreier den erneuten Ausgleich folgen. Nun war der RSV nicht mehr zu bremsen, legte das 70:68 (39.) nach, ehe Jan Haller aus der Halbdistanz zum 72:70 knapp 30 Sekunden vor dem Ende die Entscheidung erzwang.
Zuvor sahen die Zuschauer eine Partie, in der es jedoch lange nicht danach aussah, als sollten die Wetzlarer Rollis die Wende noch einmal schaffen. Hochkonzentriert und aggressiv gestartet, lag die Mannschaft um Topscorer Bestwick bereits mit 19:12 (10.) vorne, während auf der Gegenseite Thüringens Spielmachter Joakim Linden mit drei frühen Fouls bereits auf der Bank Platz nehmen musste. Doch erneut war es das Material, das dem RSV einen Strich durch seine Rechnung machte, als die Lenkgabel des Sportgeräts des Briten brach, der bis dato bereits stolze 13 Punkte zur 25:19 (12.) Führung beisteuerte. Urplötzlich geriet das Spiel des RSV ins Stocken, Thüringen legte eiskalt nach und war nach einem beeindruckenden 17:2-Lauf beim 27:36 (17.) mental wieder oben auf.
In der Folge wirkte der Gastgeber und neunfache Pokalsieger verunsichert, während die Gäste um den überragenden Capasso dem Spiel ihre Taktik immer mehr aufdrückten. Nach dem Seitenwechsel unternahm der RSV kämpferisch eindrucksvoll immer wieder den Anlauf zu einer Wende, doch den Gästen gelang über die ebenfalls starken Letten Raimund Beginskis und Diana Dadzite immer wieder die passende Antwort: 44:53 (28.), 54:57 (32.) und 56:65 (36.). Der Schlüssel zum späteren Erfolg war aber bereits mit Spielbeginn gelegt, denn Thüringens weißrussischer Topscorer Aliaksandr Halouski war von Anfang an, an die Leine der Wetzlarer Verteidigung gelegt. So zahlte sich die Geduld der Mittelhessen zwar spät, aber eben nicht zu spät aus, um die verdiente Ernte einzufahren. Zwar gebührte dem Tabellenführer der RBBL aus Elxleben erneut ein großes Kompliment für einen tollen Pokalfight, doch die Enttäuschung über die unglückliche Niederlage war in Reihen der fairen Gäste nachzuvollziehen.
„So ein Spiel, bei dem du drei Minuten vor dem Ende mit neun Punkten hinten bist und Thüringen immer wieder unglaubliche Antworten parat hat, kannst du nur in eigener Halle gewinnen. Wie die Zuschauer uns über vierzig Minuten zu diesem Endspurt getragen haben, war überwältigend und ein ganz wichtiger Faktor zum Sieg“, war RSV-Headcoach Nicolai Zeltinger voll des Lobes und Dank an die fantastischen RSV-Fans an diesem Abend in der Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle.
Lahn-Dill: Joe Bestwick (26/1 Dreier), Michael Paye (22/2), Dirk Köhler (18), Jan Haller (5), Thomas Böhme (2), Felix Schell (n.e.), Annabel Breuer, Thomas Gundert, Björn Lohmann.
Thüringen: Taz Capasso (19), Joakim Linden (13), Raimund Beginskis (12/1), Diana Dadzite (10), Aliaksandr Halouski (10), Teemu Partanen (6), Jens-Eike Albrecht, Karol Szulc (n.e.).
RSV Lahn-Dill II – Hannover United 55:81 (11:29/29:40/42:61)
Mit einer deutlichen Niederlage gegen Hannover United hat sich Zweitligist RSV Lahn-Dill II dagegen aus dem DRS-Pokal verabschiedet. Eine nervöse Vorstellung und Schwächen im Defensivrebound raubte den Domstädtern alle Chancen auf einen Sieg und den damit verbundenen historischen Habfinaleinzug im Pokalwettbewerb.
Gegen den ungeschlagenen Tabellenführer der 2. Bundesliga Nord fanden die Wetzlarer über weite Strecken kein Mittel und konnten die Partie nur bis zum 9:14 (6.) ausgeglichen gestalten. Es folgte ein 15:0-Lauf der Niedersachsen, den der RSV II erst durchbrechen konnte, als der Rückstand bereits auf erdrückende 20 Punkte nach nur neun Spielminuten angewachsen war. Mit großem Kampfgeist bissen sich die Domstädter in den zweiten Abschnitt und hatten nach einem Dreier von Topscorer Mark Beissert zum 19:31 (13.) für einen Moment wieder in die Spur gefunden. Doch in den kritischen Momenten war stets Hannovers Spielmacher Tan Caglar zur Stelle und verwandelte eiskalt wichtige Würfe für die Gäste. Mit zwei Treffern zum 21:39 (15.) hielt Hannovers überragender Point Guard (18 Punkte, 9 Assists) die Mittelhessen auf Distanz, auch wenn die Hausherren mit der Halbzeitsirene noch auf elf Punkte verkürzen konnten (29:40, 20.).
Aus der Pause kam Lahn-Dill II dann zunächst mit einer wesentlich konzentrierteren Defensive und starken Abschlüssen. Nach einem schwierigen Korbleger von Zacharias Wittmann legte Kapitän David Amend mit dem 37:44 (24.) nach und brachte die Gastgeber erstmals seit der Anfangsphase wieder auf Tuchfühlung mit dem Ligaprimus der Nord-Staffel. „Wir hatten in dieser Phase eine echte Chance, aber leider haben wir uns selbst aus dem Takt gebracht und den Faden völlig verloren“, bilanzierte ein enttäuschter RSV-Trainer Daniel Stange. Er musste zusehen, wie Hannover United aus einem Dreipunktspiel und einem unsportlichen Foul das Maximum herausholte und mit sieben Punkten in weniger als 20 Sekunden den Siegeswillen seiner Mannschaft brach.
Bis zum Ende des dritten Abschnitts war Hannover United auf 42:61 (30.) davongezogen. Kurzfristig hatten die Wetzlarer Rollis beim 45:61 (32.) noch eine kleine Chance, doch Hannovers Topscorer Thomas Schröder, der alle seine 13 Wurfversuche erfolgreich im Korb unterbrachte, staubte zwei Offensivrebounds zum 45:65 (33.) ab. „Hannover war das klar bessere und entschlossenere Team“, sah RSV-Trainer Daniel Stange die Schwächen seiner Mannschaft nicht zuletzt im mentalen Bereich: „Wir haben alles, was wir uns vorgenommen haben, nicht umsetzen können. Der frühe Rückstand hat uns völlig aus der Spur gebracht“.
RSV Lahn-Dill II: Mark Beissert (13/1), David Amend (12), Marco Zwerger (9), Zacharias Wittmann (7), Jan Gans (6), Tristan Paar (4), Barbara Groß (2), Christopher Huber (2), Carsten Crombach, Jens Schneidmüller.
Hannover: Thomas Schröder (26), Martin Kluck (20/1), Tan Caglar (18), Michael Möllenbeck (6), Jan Sadler (6), Eike Gößling (5), Felix Heise, Niko Kavazis, Andrea Seyrl.
DRS-Pokal Viertelfinale: RSV Lahn-Dill II – Hannover United 55:81, RSV Lahn-Dill – RSB Team Thüringen 73:70, Hot Rolling Bears Essen – Mainhatten Skywheelers (So.), Goldmann Dolphins Trier – RSC-Rollis Zwickau (9.2.2013).