Deutsche Damen mit Gesche Schünemann sind große Goldhoffnung des DRS
Champions League Sieger RSV Lahn-Dill ist bei den am Mittwoch im britischen Birmingham startenden Weltmeisterschaft mit einem derart großen Spielerkontingent vertreten wie kaum ein anderer Verein auf der Welt. Zählt man aktuelle und ehemalige Akteure des siebenfachen deutschen Meisters sowie die hinter den Kulissen arbeitenden Personen zusammen, dann kommt die Region Mittelhessen auf stolze elf WM-Teilnehmer, ein komplettes Team. Aus deutscher Sicht liegt dabei natürlich der Fokus auf der deutschen Damen-Nationalmannschaft, die als große Medaillenhoffnung sogar vom ganz großen Wurf träumen darf.
Mit der Giessenerin Gesche Schünemann ist dabei eine RSV-Spielerin im Team Germany in einer der absoluten Schlüsselpositionen. Insbesondere ihre Offensivstärke ist für die Mannschaft von Bundestrainer Holger Glinicki kaum zu ersetzen. Bis zum Sommer 2009 spielte mit Annika Zeyen eine weitere Leistungsträgerin im Trikot der Wetzlarer Rollis, die der Hamburger Bundestrainer als mit Abstand beste Spielerin der Welt in ihrer Klassifizierungspunktzahl von 1,5 Punkte einstuft. Dritte im Bunde ist Rekordnationalspielerin Birgit Meitner, die von 1999 bis 2004 in Wetzlar spielte und seitdem wieder für ihren Heimatverein Augsburg aktiv ist. Aber auch im Umfeld des Teams wird hessisch gesprochen, denn mit dem Giessener Teamarzt Dr. Jürgen Völpel, ein ehemaliger Erstliga-Handballer des TV Hüttenberg, und der ehemaligen RSV-Sportpsychologin Alexandra Hlawan sind zwei weitere Position in der deutschen Nationalmannschaft mit Mittelhessen besetzt. Komplettiert wird der deutsche Auftritt in der 8.000 Zuschauer fassenden National Indoor Arena von Birmingham, in der Deutschlands Turnstar Fabian Hambüchen aus Wetzlar in diesem Jahr bereits Mannschaftsgold bei der Kunstturn-EM holte, von DRS-Pressesprecher Andreas Joneck, dem Teammanager des RSV Lahn-Dill. Und zu guter letzt feiert Marni Abbott-Peter, Ehefrau von Richard Peter und im vergangenen Jahr im Kader des Zweitligaaufsteigers RSV Lahn-Dill II, als dreifache Paralympicssiegerin aufgrund zahlreicher Ausfälle ihr internationales Comeback für die kanadischen Damen.
Aber auch in der Herren-Konkurrenz darf die Region Mittelhessen auf Medaillen hoffen. Im Team der US-Boys stehen RSV-Pointguard Michael Paye und Neuzugang Steve Serio zwei Spieler, die vom ganz großen Wurf träumen. Aber auch das Team Kanada hat mit RSV-Kapitän Joey Johnson und seinem Kollegen Richard Peter gleich zwei bestens bekannte Topspieler in seinen Reihen. Und mit Nicolai Zeltinger, den die Nordamerikaner für die WM einmal mehr als Co-Trainer engagierten, sitzt der Headcoach der Wetzlarer Rollis mit auf der Bank der Kanadier. Ob der 38-Jährige dies allerdings auch in der kommenden Saison beim RSV Lahn-Dill tun wird steht noch nicht fest, denn der deutsche Verband hat bei der Suche nach einem Sportdirektor mit einer Bundestrainerstelle ein Auge auf den Erfolgstrainer des RSV geworfen. „Will der Verband Nicolai haben, dann stehen wir voll hinter der Sache“, so RSV-Manager Joneck, der Zeltinger als den besten Mann für die wichtigste Position im deutschen Rollstuhlbasketball ansieht, auch wenn dies natürlich eine Lücke beim Triple-Gewinner hinterlassen würde.
Für Deutschland kann es der große Wurf werden
Während die Kollegen aus der Herren-Nationalmannschaft im letzten Jahr hauchdünn in der Qualifikation an Frankreich gescheitert sind, gehen die deutschen Damen mit einem Kader an den Start, der ein Mix aus erfahrenen Routiniers und jugendlichem Elan ist. Deutschlands großes Pfund sind dabei die so genannten Lowpointer, die Spielerinnen mit einer sehr niedrigen Klassifizierungspunktzahl. Die Hamburgerin Simone Kues und eben Annika Zeyen sind zweifellos die besten Spielerinnen ihrer Klasse in der Welt. Hinzukommen mit Marina Mohnen vom italienischen Erstligisten Santo Stefano und Gesche Schünemann zwei der offensiv gefährlichsten Centerinnen in der Rollstuhlbasketballszene. Nach einer intensiven Vorbereitungsphase hat der Europameister Deutschland zunächst einen sanften Einstieg in die Welttitelkämpfe. Erst nach dem vermeintlich leichten Aufgalopp mit den Partien gegen Brasilien und China kommen die echten Prüfsteine mit Japan und den USA. Die von der Partieform stärkere deutsche Vorrundengruppe, in der drei der vier erstplatzierten Teams der Paralympics 2008 vertreten sind, könnte dabei zu einem Vorteil werden, denn damit kann es im Viertelfinale vielleicht zu einem leichteren Los kommen. Neben den beiden Topfavoriten USA und Deutschland zählen aber auch Australien, Japan, Kanada und die Niederlande zu den weiteren Medaillenkandidaten.
Die WM-Geschichte
Vier Jahre ist es her, dass die deutsche Damen-Nationalmannschaft in Amsterdam auf dem WM-Treppchen stand und stolz die Bronzemedaille nach einem spannenden Duell mit Australien in die Kameras hielt. Der Jubel war damals enorm, war es doch das erste WM-Edelmetall seit 16 langen Jahren. 1990 gewann Deutschland zuletzt im französischen St. Etienne Silber. Zuvor fanden die Titelkämpfe stets in der Wiege der Sportart – dem britischen Stoke Mandeville – statt, galten aber erst ab 1978 als offizielle Weltmeisterschaften der IWBF. In dieser Zeit war die deutsche Auswahl die beherrschende Nation im Damenbereich und siegte 1975, 1977, 1978, 1982 und 1986 gleich fünfmal in Stoke Mandeville. Danach verschwand die DRS-Auswahl Schritt für Schritt in der sportlichen Versenkung. Platz sieben bei den Weltmeisterschaften 2002 im japanischen Kitakyushu war der damalige Tiefpunkt, ehe besagtes WM-Bronze 2006 in Amsterdam bejubelt werden konnte.
Die Sicht des Bundestrainers
Es war die laut Bundestrainer Holger Glinicki härteste Vorbereitung aller Zeiten, die die deutsche Damen-Nationalmannschaft absolvieren musste. Dies lag vor allem an der kurzen Vorbereitungszeit aufgrund der langen Meisterschaft in den einzelnen Ligen und der frühen WM. In Hamburg, im US-amerikansichen Warm Springs und Lake Shore, im australischen Melbourne und zuletzt am vergangenen Wochenende in Berlin absolvierte das Team Germany ein umfangreiches Vorbereitungsprogramm, das nun in Birmingham Früchte tragen sollen. „Unser Ziel muss zwangsläufig das Finale sein und natürlich ist auch klar, dass wir nach WM-Bronze 2006 und Paralympics-Silber 2008 diesmal ein Auge auf mehr geworfen haben“, so der Hamburger mit einer klaren Zielvorgabe: „Wir haben die vielleicht stärkste Startformation auf dieser Welt, sind bis Position sechs oder sieben hervorragend besetzt, doch mit vielen talentierten Nachwuchsspielerinnen fehlt uns noch die Tiefe der Bank“. Glinicki ist dabei absolut klar, dass der Weg zum großen Traum eine Gradwanderung ist, bei der alles perfekt laufen muss, um am Ende ganz oben stehen zu können: „Simone Kues und Annika Zeyen sind als weltbeste Spielerinnen nicht zu ersetzen“, steht für Glinicki fest und natürlich wäre auch ein Ausfall der beiden Topscorerinnen Marina Mohnen und Gesche Schünemann vor allem in der Offensive kaum zu kompensieren. Läuft jedoch alles nach dem ausgeklügelten Plan, dann sollte es am 17. Juli zum Showdown der beiden Topfavoriten aus den USA und aus Deutschland kommen.
# |
Team |
Alter |
Klass. |
Position |
Länderspiele |
Verein |
4 |
Mareike Adermann |
19 |
4,5 |
Center |
35 |
University of Wisconsin / USA |
5 |
Birgit Meitner |
32 |
2,5 |
Guard |
211 |
SV Reha Augsburg |
6 |
Simone Kues |
33 |
1,0 |
Forward |
194 |
Hamburger SV |
7 |
Edina Müller |
27 |
2,5 |
Guard |
132 |
ASV Bonn |
8 |
Annika Zeyen |
25 |
1,5 |
Guard |
192 |
University of Alabama / USA |
9 |
Maria Kühn |
28 |
1,0 |
Forward |
45 |
SV Reha Augsburg |
10 |
Gesche Schünemann |
27 |
4,5 |
Center |
101 |
RSV Lahn-Dill |
11 |
Maya Lindholm |
19 |
2,0 |
Guard |
45 |
Hamburger SV |
12 |
Annabel Breuer |
17 |
1,5 |
Forward |
35 |
SKV Ravensburg |
13 |
Silke Bleifuß |
34 |
4,5 |
Center |
193 |
Mainhatten Skywheelers |
14 |
Marina Mohnen – Cap – |
31 |
4,5 |
Center |
144 |
AS Santo Stefano / ITA |
15 |
Heike Friedrich |
34 |
4,5 |
Center |
40 |
Mainhatten Skywheelers |
Crew |
Alter |
Position |
Wohnort |
Holger Glinicki |
57 |
Bundestrainer |
Hamburg |
Corinna Robitschko |
48 |
Assistenztrainerin |
Wunstorf |
Timo Bauer |
37 |
Teammanager |
Hamburg |
Dr. Jürgen Völpel |
62 |
Teamarzt |
Gießen |
Alexandra Hlawan |
32 |
Sportpsychologin |
Frankfurt |
Wolfgang Fäth |
41 |
Physiotherapeut |
Waldaschaff |
Tim Töllner |
30 |
Physiotherapeut |
Hamburg |
Gruppe A |
Gruppe B |
Paarung |
Termin |
Australien |
Brasilien |
GER vs. BRA |
Do., 8.Juli, 12:15 Uhr |
Großbritannien |
China |
GER vs. CHN |
Fr., 9. Juli, 9:30 Uhr |
Mexiko |
Deutschland |
GER vs. JPN |
So., 11. Juli, 14:30 Uhr |
Kanada |
Japan |
GER vs. USA |
Mo., 12. Juli, 9:30 Uhr |
Niederlande |
USA |
Viertelfinale |
Mi., 14. Juli 2010 |