Der Heimvorteil in einer vollbesetzten Wetzlarer August-Bebel-Sporthalle soll dem RSV Lahn-Dill als dreimaligen Champions League Sieger im Rollstuhlbasketball helfen, auch in der Auflage 2009 wieder ganz vorne dabei sein zu können. Von 2004 bis 2006 gewannen die Wetzlarer Rollis als erstes deutsches Team überhaupt die europäische Königsklasse, 2007 und 2008 folgten die Endspielteilnahmen Nummer vier und fünf. Auch wenn diese beiden letzten Finalspiele in Sheffield gegen Rom und im vergangenen Jahr in Madrid gegen Istanbul verloren gingen, bedeuten fünf Finaleinzüge in Serie europäischen Rekord.
Zu gerne würde die Mannschaft von Trainer Nicolai Zeltinger diesen natürlich weiter ausbauen und am Sonntag zum Finale um 13:45 Uhr erneut den ganz großen Coup landen, doch die Konkurrenz ist trotz Heimvorteil stärker denn je. Gleich vier Teams gelten neben den Mittelhessen als Mitfavoriten: Zwickau, Rom, Madrid und vor allem Titelverteidiger Galatasaray Istanbul. Verzichten muss Headcoach Zeltinger dabei auf Center Kai Gerlach, der als reiner „Fußgänger“ keine internationale Spielberechtigung besitzt. Der Rest des zwölfköpfigen Kaders ist dagegen trotz kleinerer Verletzungssorgen heiß auf dem Champions League Auftritt vor eigenem Publikum. Dieses wird dann auch zahlreich in der August-Bebel-Sporthalle, der Bundesliga-Heimstätte des RSV Lahn-Dill, und dem Sportzentrum Hüttenberg, Heimat des Kooperationspatners TV Hüttenberg, erwartet. Alleine aus Madrid reisen rund 100 Fans des spanischen Meisters an und vor allem in Deutschland sind viele türkisch-stämmige Bürger heiß auf den Auftritt des Vorzeigeklubs vom Bosporus. „Wir erwarten an allen drei Tagen und in beiden Hallen mehr als 7.000 Besucher, darunter gut 200 Galatasaray-Fans“, weiß RSV-Manager Andreas Joneck aus der Geschäftsstelle des Vereins zu berichten. Diese liegt in der Wetzlarer Friedenstraße genau neben dem Hotel Mercure wo die rund 200 offiziellen Teilnehmer untergebracht sind.
Als Ziel hat sich der Gastgeber dabei natürlich das Erreichen des Halbfinals zum Ziel gesetzt, danach ist aufgrund der Leistungsdichte alles möglich. Hierzu muss allerdings in der bärenstark besetzten Vorrundegruppe eins einer der Mitfavoriten ausgeschaltet werden, da nur die zwei bestplatzierten Teams den Sprung ins Semifinale schaffen. Und mit CD Fundosa ONCE Madrid und Lottomatica Elecom Sport Onlus Rom sowie dem RSV Lahn-Dill muss also bereits einer dieser Favoriten in der Vorrunde auf der Strecke bleiben.
Schwere Gruppengegner für den RSV Lahn-Dill
Rom und Madrid wollen den Gastgebern das Leben schwer machen
In der Gruppenphase der Champions-League trifft der RSV Lahn-Dill auf drei „harte Brocken“. Gegen Lottomatica ElecomSport onlus Rom, CD Fundosa ONCE Madrid und Hyères Handiclub aus Südfrankreich müssen die Wetzlarer Rollis möglichst verlustpunktfrei bleiben, um dem türkischen Starensemble Galatasaray Istanbul im Halbfinale aus dem Weg zu gehen.
In der stark und ausgeglichen besetzten Gruppe A bedeutet das Schwerstarbeit für den deutschen Pokalsieger. Zum Auftakt der Gruppenphase trifft der RSV Lahn-Dill am Freitagnachmittag (15:45 Uhr, August-Bebel-Sporthalle) auf Hyères Handiclub. Das Team von der Côte d’Azur ist der vermeintlich leichteste Gegner in der Gruppe A. Trotzdem wird die Partie ein wichtiger Gradmesser für RSV-Trainer Nicolai Zeltinger, denn das Team um die Rollstuhlbasketball-Legende Ouahid „Yoyo“ Boustila ist Stammgast in der Endrunde und ist immer für eine Überraschung gut. Boustila und der pfeilschnelle Guard Frédéric Guyot sind ausgezeichnete Distanzschützen, und mit dem Niederländer Frank de Goede und dem bulligen Center Aissa Falempe haben sich die Franzosen mit zwei ausgezeichneten Routiniers verstärkt.
Am Abend wartet dann mit Lottomatica ElecomSport onlus aus Rom (20:15 Uhr, August-Bebel-Sporthalle) einer der Geheimfavoriten im Teilnehmerfeld. Aus dem Nichts ist in Rom binnen zweier Jahre ein zweites absolutes Top-Team entstanden. Mit dem italienischen Europameister von 2003 und 2005, Sandro Cherubini und dem australischen Weltklassespieler und Paralympics-Sieger Brad Ness hat der Meisterschafts-Dritte aus Italien ein Center-Duo der Extraklasse. Dazu gesellt sich mit dem 250-fachen deutschen Nationalspieler Abdulgazi Karaman ein exzellenter Scharfschütze, der in Wetzlar noch bestens bekannt ist: Von 2004 bis 2007 hat der 38-Jährige das Trikot des RSV Lahn-Dill getragen und mit den Mittelhessen auch zweimal den Champions-Cup gewonnen. Unter dem britischen Spielertrainer Joe Jayaratne will Karaman nun gemeinsam mit dem finnischen Guard Juha Luukonen und dem australischen Flügelspieler Michael Hartnett den einzigen italienischen Endrunden-Teilnehmer zumindest ins Halbfinale führen.
Das Aufeinandertreffen mit CD Fundosa ONCE Madrid (Samstag, 11:45 Uhr) könnte dann zum Endspiel um den Halbfinaleinzug werden. Das Team aus der spanischen Hauptstadt Madrid musste 2008 den Meistertitel erneut an den Erzrivalen aus Sevilla abtreten und hat im Sommer auf Schlüsselpositionen ungewohnt massiv nachgerüstet. Rückgrat des legendären Teams von Fundosa sind nach wie vor Urgesteine des spanischen Rollstuhlbasketballs wie Juan Carlos Gavira und Carlos Vera, und auch der US-Amerikaner Josh Turek ist nach sechs Jahren in Spanien beinahe ein „echter“ Madrilene. Doch nun hat Fundosa den großen Generationswechsel eingeläutet: Mit Daniel Rodriguez kam ein starker Forward vom Ligakonkurrent Murcia. Und mit dem jungen australischen Guard Shaun Norris und dem britischen Power Forward Terry Bywater kann Trainer David Gonzales zudem auf zwei Überflieger aus der nächsten Generation der Weltstars bauen.
In der Gruppe B gelten Titelverteidiger und Weltpokalsieger Galatasaray Istanbul und der deutsche Meister RSC Zwickau als die Favoriten auf die beiden Halbfinalplätze. Die Sachsen haben in der Vorrunde mit einer bärenstarken Startaufstellungen und dem vielleicht besten Set-Play-Basketball Europas die Starensembles aus Rom und Madrid an die Wand gespielt. Und das türkische Starensemble mit den Paralympicssiegern Sachs und Eveson, dem tschechischen Center Tucek, dem US-Amerikaner Matt Scott und dem schwedischen Guard Haidari ist derzeit eines der besten Teams der Welt. Angesicht dieser Konkurrenz dürften ONCE Andalucia um den britischen Star Jon Pollock und CS Meaux mit dem französischen Jahrhunderttalent Sofyane Mehiaoui nur eine Außenseiterrolle spielen.
Rekordsieger Zwijndrecht wird nicht entthront
In der mittlerweile 34-jährigen Geschichte des Champions-Cup konnten bereits 17 verschiedene Teams den begehrten Pokal in den Händen halten. Den Rekord des BC Verkerk Zwijndrecht wird jedoch keiner der diesjährigen Teilnehmer knacken können: Das niederländische Team um den Jahrhunderspieler Gert-Jan van der Linden konnte den Champions-Cup fünf Mal gewinnen.
Mit dem CS Meaux und Gastgeber RSV Lahn-Dill belegen zwei Teams aus der diesjährigen Endrunde gleichauf den dritten Rang in der ewigen Siegerliste. Fundosa Once Madrid und Galatasaray Istanbul durften sich jeweils für ein Jahr die Trophäe in die Vitrinen stellen, was Sevilla, Zwickau, Hyères und Rom bislang verwehrt geblieben ist.
Rekordsieger:
5x BC Verkerk Zwijndrecht (NL), 4x Frisol/Racing Dordrecht (NL) 3x AS Berck (FRA), CS Meaux (FRA), Santa Lucia Sport Rom (ITA), RSV Lahn-Dill (GER).
Längste Siegesserie:
3x in Folge (1991-1993 Zwijndrecht, 1999-2001 Meaux, 2004-2006 Lahn-Dill).