Es klang schon eher nach einer Art Trotzreaktion oder Verzweiflung, als es nach der Schlusssirene über den Hallenlautsprecher der Frankfurter Wilhelm-Merton-Halle schallte: „Gewinnen kann jeder, war nur ein schöner Fehler, wir kommen wieder, das nächste Mal als Sieger“. Dieses Mal jedenfalls musste der RSC Frankfurt noch auf einen Erfolg im Hessenderby gegen den amtierenden Deutschen Meister RSV Lahn-Dill warten. Allerdings war die Mannschaft von Trainer Stefan Donner noch nie so nahe dran gewesen, dem Dauerrivalen die erste Derby-Niederlage seit 1995 beizubringen. Am Ende setzte sich dann vor rund 300 Zuschauern, darunter rund 200 mitgereiste RSV-Anhänger, aber doch die größere Routine der Lahn-Diller Rollis durch und es stand ein sicherer 73:57 (17:14/29:35/48:47)-Erfolg zu Buche. Mit diesem Sieg gingen die Wetzlarer nicht nur in die dreiwöchige Länderspielpause, sondern verteidigten auch die Tabellenführung der 1. Rollstuhlbasketball-Bundesliga.
„Zunächst einmal ein Kompliment an die Frankfurter, die uns in diesem Spiel alles abverlangt haben und vor allem in der ersten Halbzeit hervorragend gespielt haben“, zollte RSV-Trainer Nicolai Zeltinger nach Schlusspfiff dem Gegner großen Respekt für dessen engagierte Leistung. In der Tat zeigten die Frankfurter von Beginn an, dass sie sich an diesem Tag einiges vorgenommen hatten. Nach einem 14:17-Rückstand im ersten Viertel und einem zwischenzeitlichen 17:22 im zweiten Viertel drehten sie plötzlich auf, drehten die Partie, so dass sich Zeltinger beim Stand von 26:25 (14.) für die Gastgeber gezwungen sah, eine Auszeit zu nehmen. Doch auch davon ließ sich der RSC nicht aus dem Konzept bringen und erhöhte bis zur Pause gar auf 35:29.
„Wir haben in der ersten Halbzeit zu viele Fehler in der Defensive gemacht und hatten zudem zu viele leichte Ballverluste“, sah Zeltinger darin die Hauptursachen für den Pausenrückstand. Hinzu kam in dieser Phase allerdings, dass der erneut hervorragend aufgelegte Dirk Köhler-Lenz gleich zweimal durch einen Bruch am Rollstuhl zu einer Zwangspause gezwungen war und den Wetzlarern damit ein „Langer“ fehlte. Ohne den Einsatz von RSV-Techniker Walter Enders wäre für Köhler-Lenz an diesem Punkt „Endstation“ gewesen, doch mit dem trickreich reparierten Rollstuhl konnte der RSV Lahn-Dill in der Startaufstellung aus der Halbzeitpause kommen. Entsprechend motiviert präsentierten sich die Wetzlarer Rollis und egalisierten binnen drei Minuten den Rückstand (39:39, 27.), doch in der Folge konnte sich keine Mannschaft entscheidend absetzen. Zwei erfolgreiche Freiwürfe von Dirk Köhler-Lenz brachten schließlich eine knappe 48:47-Führung für den Gast.
Im letzten Durchgang kam die große Zeit von Gesche Schünemann. Zunächst noch etwas unglücklich agierend fand sie immer besser ins Spiel, verteidigte sehr gut und war mit acht Punkten wesentlich am Erfolg ihrer Mannschaft beteiligt. In dieser Phase kassierte zudem Frankfurts bester Akteur an diesem Tag, Lars Lehmann, beim Stande von 57:51 (34.) für den RSV, sein fünftes Foul. Im direkten Gegenzug erhöhte Mikey Paye per Dreier vorentscheidend zum 61:51.
Für Stefan Donner war dies der Knackpunkt in der Partie. „Das fünfte Foul von Lars war letztlich entscheidend, hinzu kamen noch zahlreiche unverständliche Entscheidungen der Herren in grau“, haderte der RSC-Coach mit der Leistung der beiden Unparteiischen. „Alles was wir uns vorgenommen hatten, haben wir weitestgehend auch umgesetzt und waren sicher ebenbürtig. Verloren hat heute die Mannschaft, die sich zuerst eine Blöße gegeben hat und das waren wir mit dem fünften Foul von Lars“, zog Donner letztlich sein Fazit. „Das technische Foul gegen die Bank beim Stande von 53:61 war von mir nur noch einmal ein letzter Versuch, die Mannschaft vielleicht doch noch einmal ins Spiel zurückzubringen“, so Donner.
Doch daraus sollte nichts mehr werden. Im Gegenteil: Jetzt hatten die Gäste relativ leichtes Spiel und steuerten nun noch einem sicheren Erfolg entgegen und vertrösteten die Frankfurter, nach 1995 und acht Niederlagen in Serie endlich wieder einen Derby-Sieg gegen den RSV einzufahren, auf ein weiteres Mal. Der Ex-Lahn.-Diller Thomas Dürl, der keine Einsatzzeit erhielt, fand, dass seine Mannschaft „zwischenzeitlich gut dabei“ war. „In der zweiten Halbzeit haben wir nicht das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben. Das fünfte Foul von Lars hat uns letztlich das Genick gebrochen“.
„Die Leistung in der zweiten Halbzeit war sehr gut, zumal wir nun auch wesentlich besser verteidigt haben. Insgesamt war es ein sehr gutes Spiel und unser Sieg geht auch voll in Ordnung“, zog RSV-Trainer Nicolai Zeltinger letztlich ein zufriedenes Fazit dieser Partie.
RSC Frankfurt: Bienek (14/1 Dreier), Kress (14), S. Wolk (13), Lehmann (10), Bleifuss (2), Holzreiter (2), Wycisk (2), Hofscheier, Arnold (n.e.), Dürl (n.e), Kashai (n.e.), B. Wolk (n.e.)
RSV Lahn-Dill: Paye (23/1), Köhler-Lenz (21), Johnson (10), Schünemann (8/1), Hausammann (4), Zeyen (4), Gundert (3), Gerlach, Legath, Zwerger, Kampmann (n.e.)